Cerumen

Ohrenschmalz – Wunderwaffe gegen Bakterien, Pilze und Verunreinigungen
Der wissenschaftliche Fachbegriff Cerumen (alternative Schreibweise: Zerumen) bedeutet so viel wie Wachssalbe. Dahinter verbirgt sich das Sekret der Ohrenschmalzdrüse (Ceruminaldrüse), das tatsächlich eine sehr salbenähnliche Konsistenz hat und durch den hohen Gehalt an Fettsäuren wachsartig glänzt. Viele Menschen unterschätzen, wie komplex unser Ohrenschmalz chemisch aufgebaut ist – und wie groß sein Nutzen für unsere Gesundheit ist.

Jeder Mensch hat es: Ohrenschmalz. Abgesondert wird es von den Ceruminaldrüsen , modifizierten Schweißdrüsen, die im äußeren Drittel des Gehörgangs sitzen. Frisches Cerumen weist eine gelbliche Farbe aufweist und ist salbenähnlicher, feuchter und geschmeidiger Konsistenz. Das Sekret verteilt sich im Ohrenkanal. Dabei pflegt es die Haut im Gehörgang und sorgt dafür, dass der Säureschutzmantel bestehen bleibt. Der bittere Geschmack und der leicht ranzige, unangenehme Geruch des Ohrenschmalzes schrecken kleine Insekten ab.

Wie Cerumen unsere Ohren sauber und gesund hält

Im Ohrenkanal vermischt sich das klebrige Ohrenschmalz mit Talg, abgestorbenen Hautschüppchen und Härchen sowie Staubpartikeln und hindert sie so daran, weiter ins Ohr einzudringen. Im Cerumen befinden sich zudem verschiedene Enzyme und Peptide, die gegen Bakterien und Pilze wirken und sie unschädlich machen. Durch natürliche Kieferbewegungen, wie wir sie beim Kauen, Schlucken oder Sprechen machen, bewegt sich auch der Ohrenkanal und das Cerumen mitsamt Hautschuppen und Schmutzpartikelchen wird immer weiter aus dem Gehörgang hinaus transportiert.

Dabei trocknet es zunehmend aus, wird krümeliger und erhält eine eher bräunliche Farbe. Am Ende des Gehörganges lagern sich Reste von Cerumen als fettige Schicht an der Ohrmuschel ab. Manchmal fallen einzelne, kleine Krümel gehärtetes Cerumen aus dem Ohr hinaus, ohne dass wir es überhaupt bemerken. Mit diesem genialen Mechanismus werden also direkt mehrere wichtige Aufgaben erfüllt:

  • Selbstreinigung des Ohres von Schmutz und abgestorbenen Hautschuppen
  • Selbstschutz des Ohres vor Insekten, Bakterien und Pilzsporen
  • Pflege und Gesunderhaltung der Haut im Gehörgang

Ohrenschmalz bei Tieren

Nicht nur Menschen, auch alle Säugetiere besitzen Ohrenschmalz. Vor allem Besitzer von Hunden mit Schlappohren können ein Lied davon singen, denn bei diesen Tieren sammelt sich das Ohrenschmalz oft im Gehörgang an. Durch die schlechte Belüftung kann es schnell zu Ohrenentzündungen kommen, daher sollten die Ohren regelmäßig gereinigt werden.

Gelbes oder graues Cerumen

Als Mitteleuropäer stellen wir uns Ohrenschmalz normalerweise als gelbliche bis bräunliche, ölige Substanz vor. Tatsächlich tritt diese Variante des Ohrenschmalzes auch bei etwa 97 Prozent aller Menschen in Europa und Afrika auf. Aufgrund des hohen Anteils an ungesättigten Fettsäuren ist dieser Typ Ohrenschmalz weich und feucht, daher wird er auch als feuchte Variante des Ohrenschmalzes bezeichnet.
Doch es gibt noch eine zweite Variante Cerumen – den trockenen Ohrenschmalz. Bei dieser Form weist das Ohrensekret eine große Menge an gesättigten Fettsäuren auf und ist daher eher trocken. Ein weiterer Unterschied: Es ist nicht gelb oder braun, sondern eher weiß oder grau. In Europa ist die zweite Variante kaum anzutreffen, in Asien und bei vielen Urvölkern besitzen jedoch bis zu 95 Prozent der Menschen die trockene Form des Ohrenschmalzes. Ob ein Mensch feuchtes oder trockenes, gelbes oder graues Cerumen hat, darüber entscheiden die Gene.

Wie ein Cerumen Obturans entsteht

Ein sogenannter Cerumen Obturans ist ein Pfropfen aus Ohrenschmalz. Ein solcher Ohrenpfropfen kann durch verschiedene Ursachen entstehen, beispielsweise:

  • Überproduktion von Ohrenschmalz
  • Störung des Ohrenschmalz-Abflusses
  • Aufquellen des Ohrenschmalzes nach dem Kontakt mit Wasser
  • Zusammenschieben des Ohrenschmalzes mit Wattestäbchen bei der Ohrenreinigung

Ein solcher Pfropf kann für Betroffene sehr unangenehm sein. Verschließt er den Gehörgang, kann das Hörvermögen um bis zu 80 Prozent vermindert werden. Durch den Ohrenverschluss kann es außerdem zu Tinnitus, Ohrenschmerzen und Ohrenjucken kommen. Bleibt der Ohrenkanal längere Zeit verschlossen, können sich Bakterien einnisten und Ohrenentzündungen entstehen. Bei Verdacht auf einen Cerumen Obturans sollten Sie deshalb stets Ihren HNO-Arzt aufsuchen.

Der Arzt untersucht mit Hilfe des Otoskops den Gehörgang und kann einen Pfropf auf diese Weise schnell ausfindig machen. Die Entfernung des Ohrenschmalzpfropfens geschieht schnell und schmerzlos: Entweder wird er mit einem kleinen Löffelchen aus dem Gehörgang geholt oder mit einem speziellen Sauger abgesaugt. Falls nötig, reinigt und desinfiziert der HNO-Arzt den Gehörgang und versorgt ihn mit entzündungshemmenden Medikamenten.

Ohrenschmalzpfropfen erzählt die Lebensgeschichte eines Blauwals

Einen besonders großen und aufschlussreichen Ohrenschmalzpfropfen untersuchten Forscher im Jahr 2013: Aus dem Ohr eines toten Blauwals hatten sie einen 25 cm langen Cerumenpfropfen geborgen. Die vielen verschiedenen Substanzen in den Schichten des Cerumens ließen spannende Rückschlüsse auf das Leben und die Lebensumstände des Meeressäugers zu: So konnten sie anhand des Cerumens feststellen, wie alt das Tier war, wann es geschlechtsreif wurde und welchen Schadstoffen es im Laufe seines Lebens ausgesetzt war.

Cerumen zusammengefasst

  • Cerumen ist der Fachbegriff für Ohrenschmalz.
  • Das Ohrensekret wird von den Ceruminaldrüsen produziert und dient der Selbstreinigung, dem Selbstschutz und der Pflege der Ohren.
  • Alle Menschen und auch alle Säugetiere besitzen Ohrenschmalz.
  • Es gibt zwei verschiedene Varianten Ohrenschmalz bei Menschen: Den feuchten (gelben) und trockenen (grauen) Cerumen.
  • Ein Cerumen Obturans ist ein Ohrenschmalzpfropf, der durch Ohrenschmalz-Überproduktion, Störung des Sekretabflusses, Aufquellen oder Zusammenschieben des Ohrenschmalzes entstehen kann.
  • Symptome eines Cerumen Obturans sind Ohrendruck und Hörverlust, häufig auch Tinnitus.
  • Ein Ohrenschmalzpfropf kann zu Ohrenentzündungen führen und sollte vom HNO-Arzt entfernt werden.